Gastbeitrag von Paul
München, Samstag morgen halb sieben, ich stehe vor meinem zugefrorenen Auto. Es ist kalt und dunkel. Meine Lust zu laufen war auch schon mal größer.
Aber dann denke ich mir:„Hey es soll in die Alpen gehen!“. Das erste Mal überhaupt das ich einen Wettkampf im alpinen Gelände laufen werde. Mit diesen Gedanken im Kopf mache ich mich auf den Weg und schon bald tut sich vor mir das ersehnte Alpenpanorama auf. In Söll angekommen, erwartet mich ein ziemlich ruhiger Ort, in dem man offensichtlich stolz darauf ist, sich Heimat des Bergdoktors nennen zu dürfen. An einem entsprechenden Banner laufe ich auf dem Weg zur Startnummernausgabe vorbei. Übrigens noch bevor ich an den Aufstellern der Tour de Tirol vorbeikomme, in deren Rahmen der Pölven Trail nur den dritten und abschließenden Akt darstellt. Die Masse der Teilnehmer ist am Freitag bereits den Söllner Zehner und am am Samstag den Kaisermarathon gelaufen.
Die Startnummer bekomme ich in einer sehr stimmungsvollen alten Scheune. Insgesamt kann man an der Organisation nichts aussetzen, alles wirkt professionell und doch irgendwie familiär.
Kurz vor halb zehn stehe ich schließlich in der Startaufstellung, der Puls steigt, der Moderator gibt letzte Hinweise und nach dem einzählen des Countdown, geht es endlich los. Nach wenigen Metern treffe ich noch einen Bekannten, den ich beim Start vergeblich gesucht hatte. Nach kurzem Plausch ziehe ich allerdings meines Weges, denn nach kleiner Asphaltpassage geht es direkt in die Trails. Genauso hab ich mir das vorgestellt. Spätestens jetzt scheint jegliche Unlust wie weggeblasen. Es geht über schmale, wurzlige Trampelpfade und seltener über breitere Wege, sowie gelegentlich über kleine Wiesen. Hin und wieder sind Kameras versteckt, zum Teil mit Selbstauslöser, welche auf diese Weise immer wieder für Überraschungen sorgen. Auf dem ersten Teil des Rundkurses um den Pölven geht es sehr abwechslungsreich hoch und runter. Mal steiler, mal kurz etwas entspannter, aber nie langweilig. Besonders ein offener Hang, an dem wir uns wie an der Perlenschnur aufgezogen hinaufschlängeln, hat es wahrlich in sich und bringt einen das erste mal an seine Grenzen, zumal ich nicht gerade konservativ laufe. Aber gerade diese Passage macht erstmals deutlich, was alpines Laufen so besonders und anders macht.
Ein Stück weiter kommen wir an einem kleinen, aber sehr schönem Wasserfall vorbei, neben dem wir uns wieder den Berg hinaufziehen. Nachdem wir dann etwa auf der Hälfte der Strecke den zweiten Verpflegungspunkt in einem Steinbruch passiert haben, geht es in den längsten Aufstieg des Tages. Sukzessive arbeite ich mich Platz um Platz nach vorne. Das Panorama in Verbindung mit dem einzigartigen Laufuntergrund lässt mein Trailherz höher schlagen. Natürlich bleibt es letztlich immer ein Kampf, aber einer mit einem Lächeln im Gesicht.
Am Gipfelkreuz angekommen, gibt es nochmal eine kurze koffeinhaltige Stärkung, um die Konzentration für den anstehenden Downhill zu sammeln. Abermals sind die Pfade schmal, wurzlig und sehr kurvenreich. Der Spaß beim bergab fliegen kennt nun keine Grenzen mehr, was einmal dazu führt, dass ich fast aus der Kurve fliege. Aber mit ein bisschen Glück halte ich mich in der Spur und laufe dem Tal ungebremst entgegen. Unten angekommen, gibt es eine letzte Verpflegung und die nun letzten zwei, drei Kilometer heißt es Zähne zusammenbeißen und sich das Ziel möglichst gut vor Augen zu führen, um daraus letzte Kraft zu schöpfen. Auf diese Weise geht ein unvergesslicher Lauf dem Ende entgegen, der sein grandioses Finale in Söll unter dem Applaus eines tollen Publikums findet.
Als Fazit kann am Ende eines solchen Erlebnisses eigentlich nur stehen, beim nächsten mal die komplette Tour zu laufen. Diese Veranstaltung hat einfach alles was man sich als Läufer so vorstellt und der Ort Söll, als auch die umliegende Region sind wohl immer einen Besuch wert und verleihen dem Ganzen einen besonderen Charme.