Ultra Trail Lamer Winkel

Ultra Trail Lamer Winkel 2018

Am verlängerten Wochenende anlässlich Fronleichnam haben wir uns mit einer Truppe hunsrücker Läufern auf den Weg an an die tschechische Grenze gemacht, um beim Ultratrail Lamer Winkel den "König vom Bayerwald" und den "Osser Riesen" zu bezwingen. 

Rund 700 Trailläufer aus ganz Deutschland und zahlreicher anderer Nationen sind uns gefolgt, um an diesem Rennen mit Festivalcharakter teilzunehmen. Der UTLW hat es innerhalb weniger Jahre geschafft, Kultstatus in der Szene zu erlangen. Neben den vielen Hobbysportlern, bei denen der Spaß und die Bewältigung der Strecke im Vordergrund steht, hat sich hier in 2018 auch ein Großteil von deutschlands Trailrunningelite zusammengefunden, um die Krönung des Königs vom Bayerwald unter sich auszumachen.

 

Doch was hat es mit dem "Mythos" des UTLW auf sich, der dieses Event so besonders macht? Nach dem Keufelskopf-Ultratrail in der Pfalz habe ich mich gefragt, ob das denn unbedingt sein muss, 500km zu einem Laufevent zu fahren, wenn man auch sehr schöne Trailrunningevents vor der Haustür hat. Im Falle des UTLW lautet die Antwort definitiv: JA DAS MUSS SEIN! Abgesehen vom Transvulcania auf La Palma habe ich bisher kein Event erlebt, bei dem eine solche Atmosphäre und Stimmung herrscht, wie es in Lam der Fall war. Teilweise fühlte man sich in die Tour de France versetzt, als die zahlreichen Zuschauer uns Läufer mit Anfeuerungsrufen und Kuhglocken im Spalier die Anstiege hochpeitschten.

Düstere Wetteraussichten am Freitag
Düstere Wetteraussichten am Freitag

Schon bei der Ankunft in der Pension Mühlbauer in Lam (übrigens sehr empfehlenswerte Unterkunft) an Fronleichnam wird klar, dass die ganze Gemeinde bei diesem Event mit eingebunden ist und voll hinter der Sache steht. Der freundliche wie redselige  Gastgeber hat beim Frühstückstisch am Freitagmorgen eigentlich nur ein Thema, und weiß bereits viele Tipps und Insiderwissen zur Strecke und den Favoriten preis zugeben. Auch sein Sohn wird morgen für die Bergwacht im Einsatz sein und hat vor zwei Jahren sogar selbst die Schuhe auf den 54km und 2600 Höhenmetern beim König vom Bayerwald geschnürt. Am Vortag habe er damals geheiratet und seine Kumpels hätten ihm den Startplatz zur Hochzeit als Überraschung geschenkt. In Anbetracht der nächtlichen Feier sei er natürlich nicht gerade in bester Verfassung zur Startlinie gekommen und unterwegs hätte er so starke Knieschmerzen erlitten, dass er an einer Verpflegungsstation erstmal länger Pause hätte machen müssen, um mit seinen Kumpels ein paar Weißbier zu Regenerationszwekcken zu schlürfen. Aha, das sind also die Geschichten, die der Ultratrail Lamer Winkel schreibt, dachte ich mir und begab mich am Freitagabend mit meinen hunsrücker Läuferfreunden zur Startnummernausgabe und Expo in den Seepark von Arrach (Nachbargemeinde von Lam).

Nach den sintflutartigen Regenfällen von Freitagmorgen, herrschte hier am Nachmittag allerbestes Wetter. Bei dem Rahmenprogramm, welches geboten wurde, merkte man bereits deutlich, wie viel Herzblut die Veranstalter in dieses Event steckten und dass nichts dem Zufall überlassen wurde. Beim Streckenbriefing wurden wir eindringlich auf die Schwierigkeiten der Strecke aufmerksam gemacht. Auch wenn wir uns hier im Mittelgebirge befänden, deren höchste Erhebung (der große Aber) lediglich auf 1400m liegt, sollten wir uns für anspruchsvollste Trails mit alpinen Charakter rüsten - so die Ansage beim Briefing. Ach ja - und "zapfig" könnte es da oben werden :) Der bayrische Dalekt ist einfach immer wieder für einen Lacher gut :)

Am nächsten Morgen fanden wir uns bei angenehmen Laufwetter erneut im Seepark ein, um unter Begleitung der örtlichen Musikkapelle und mit Böllerschüssen auf die Strecke geschickt zu werden. Viele Zuschauer waren bereits gekommen, um den Läufern bei der ersten Runde um den Seepark entsprechend einzuheizen - ein kleiner Vorgeschmack auf das, was uns auf der Strecke noch erwarten sollte. Nach einem 2km langem Flachstück ging es dann auch gleich in die Vollen: Der erste große Anstieg hoch zum Eck und dann weiter über 8 Tausender hin zum großen Aber stand bevor. Man musste hier mit kühnem Kopf agieren, um sich bei diesem kräfteraubenden Anstieg nicht gleich zu verballern, denn es wurde vom Start weg ein wahnsinniges Tempo im vorderen Feld gegangen.

Ich möchte nun nicht alle Einzelheiten des Rennverlaufs hier auflisten - zusammenfassend lässt sich sagen: Das Streckenerlebnis hat alles gehalten, was der Ultratrail Lamer Winkel im Vorfeld versprochen hat. Die Stimmung wahr grandios mit "Tour de France-Feeling" an den Verpflegungsstellen. Die Strecke war landschaftlich äußerst reizvoll. Darüber hinaus in vielen Abschnitten mit brutalem Anspruch und schwierigen Trails - mal stark verwurzelt, mal extrem verblockt, und mal beides vereint :) Kletterpassagen waren dabei, giftige Up- und Downhills sowieso, welche die Oberschenkel zum glühen brachten. Die Ausschilderung war perfekt, Organisatoren und einheimische Helfer äußerst freundlich und zuvorkommend. Abgerundet wurde das Ganze durch einen Zieleinlauf auf dem Marktplatz in Lam unter tosendem Applaus vieler Zuschauer, der für einen Gänsehautmoment sorgte, sowie der Abschlussparty mit Siegerehrung auf dem Marktplatz. Dass viele Trailläufer nicht nur ihren Sport beherrschen, sondern auch beim Feiern gut dabei sind, zeigte der AK40 Sieger Matthias Dippacher, welcher bei der Siegerehrung bereits vom Podest fiel :)

Die Teilnahme hat sich wirklich gelohnt und wird hoffentlich nicht die letzte gewesen sein! Vielen Dank auch an alle Mitstreiter aus dem Hunsrück und Rhein-Main-Gebiet. Wenn man ein solches Wochenenden mit Gleichgesinnten angehen und die Erlebnisse teilen darf, macht es doch einfach am meisten Spaß :)

 

Im Anschluss findet ihr noch den Bericht von Frank Hirt, Inhaber vom X-Sport-Kastellaun, der die Leistungen unserer hunsrücker Teilnehmer und das "Erlebnis UTLW" sehr schön für die Rheinzeitung zusammengefasst hat:

 

Starke Hunsrücker im Bayrischen Wald

 

Auf Trampelpfaden rennen, Landschaften erleben und Höhenmeter sammeln - das sogenannte Trailrunning erfreut sich auch bei den Hunsrückern immer größerer Beliebtheit. Dabei werden oft Distanzen über die klassische Marathondistanz hinaus bewältigt. Naturerlebnis und abwechslungsreiche Strecken stehen im Vordergrund und sind gegenüber Straßenmarathons meist wichtiger als Bestzeiten. In Frankreich gibt es fast jedes Wochenende ein solches Trailrennen mit vielen Starten und auch sehr vielen Zuschauern an der Strecke. Anders ist das bei uns in Deutschland: Zwar nimmt die Auswahl an Rennen stetig zu, aber Zuschauer an der Strecke fehlen oft. 

Der Ultratrail Lamer Winkel UTLW im Bayrischen Wald ist da eine Ausnahme. Eine Delegation von neun Hunsrückern wollte diese unbeschreibliche Stimmung an der Strecke und unter den rund 700 Teilnehmern, die wie eine große Trailfamilie zu dem Event in Lam zusammenkommen, miterleben. 

Ultra Trail Lamer Winkel 2018

Sechs der Hunsrücker reisten zur dritten Auflage des UTLW bereits zum zweiten Mal; drei feierten Ihre Premiere. Der aus Mörz stammende Mario Hoff bewältigte den „König vom Bayerwald“, die 54 km lange Ultra-Strecke mit über 2600 Höhenmetern, in 6 Stunden und 23 Minuten. Dabei belegte er in einem international stark besetzen Rennen einen phänomenalen 32. Rang. Kurz nach ihm kam der aus Urmitz stammende Jörn Schlappa in nur 6:50 h ins Ziel.

Der Beltheimer Achim Steffen war bei seinem zweiten Start beim König vom Bayerwald fast 45 min schneller als 2016 und erreichte den roten Teppich auf dem Marktplatz von Lam in 7:25 h. Auch Tanja Hess aus Belg war 45 min schneller als bei ihrem ersten Rennen und schaffte die technisch anspruchsvolle Strecke in nur 8:18 h. Damit wurde sie sogar 28te Frau in einem hochkarätigen Starterfeld. Philip Berghoff aus Stromberg überquerte die Ziellinie in 8:25 h zum ersten Mal. Bei den beiden Trainingspartnern Paul Mangels aus Dommershausen und Frank Hirt aus Beltheim stand der Start aus gesundheitlichen Gründen noch wenige Tage vor dem Rennen in Frage. So waren die Gesichter der beiden um so glücklicher, als sie gemeinsam die Ziellinie in 9:14 h überquerten.

Neben dem König vom Bayerwald mit 54 km Laufstrecke wurde noch eine zweite Distanz angeboten - der 26 km lange „Osser Riese“. Diese ebenfalls technisch sehr fordernde Strecke ist gespickt mit 1200 Höhenmetern. Der Kastellauner Matthias Volk ging zum zweiten Mal an den Start auf dieser Distanz und konnte seine hoch gesteckten Ziele mit einer Zeit von 03:19 h mehr als  erreichen. Thomas Caspari aus Bardenhard hatte ähnlich wie Mangels und Hirt in der Vorbereitung auf das Rennen mit Problemen zu kämpfen, doch die wahnsinnige Stimmung ließ ihn alle Zweifel vergessen. Am Ende blieb seine Uhr bei 5:20 stehen. Somit waren beim Zielschluss eines langen Trailtages nur zufriedene Gesichter zu sehen.

Die unbeschreiblich Stimmung auf der Strecke setzte sich im Zielbereich weiter fort, wo die Siegerehrung von fast allen 700 Finishern gefeiert wurde. Und selbst bei der „After-Show"-Party standen noch etliche Trailläuferinner und Trailläufer auf den Tischen und feierten bis in die Nacht hinein. Alle waren sich einig: Der Ultra Trail Lamer Winkel ist ein Muss für jeden trailbegeisterten Läufer und Werbung für die noch junge Sportart.

 

Herzlichen Dank an Frank und Philip für die Bereitstellung von Text und Foto :)

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